[Zurück]


Dissertationen (eigene und begutachtete):

M. Schwarzbart:
"Beulanalyse einer gebetteten Kreisplatte mit nicht-Euklidischer Metrik";
Betreuer/in(nen), Begutachter/in(nen): A. Steindl, F. G. Rammerstorfer; Institut für Mechanik und Mechatronik, 2013; Rigorosum: 18.01.2013.



Kurzfassung deutsch:
Für das Erzeugen einer neuen Oberfläche in einem Festkörper oder einer
Flüssigkeit ist Energie aufzuwenden. Auf atomarer Ebene werden dabei
ungesättigte Bindungen erzeugt, die eine erhöhte Energie, die
sogenannte Oberflächenenergie, zur Folge hat.
Bei dünnen Schichten wie Graphen kann diese Energie zu einer
drastischen Veränderung der globalen Struktur führen. Beispiele aus
dem täglichen Leben, die ein vergleichbares Verhalten zeigen, treten
beim Verformen von Kunststofffolien über die Streckgrenze hinaus
auf. Ähnliches gilt für das Wachstum von Blättern mit
unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeiten. Bei beiden Beispielen
führt eine geänderte Bindungskonfiguration zu einem gedehnten Rand,
der eine wellige Gleichgewichtskonfiguration zur Folge haben kann.
In der vorliegenden Arbeit steht der Einfluss einer freien Kante auf
die globale Konfiguration eines kreisförmigen Graphenpatches im
Vordergrund. Im zweiten Kapitel wird eine molekularmechanische
Modellierung vorgestellt. Kleine Einheitszellen werden zur Bestimmung
der Kantenenergie bzw. -spannung für armchair- und zigzag-Kanten
verwendet. Graphen wird dabei mit Hilfe eines klassischen
Vielteilchenpotentials, AIREBO bzw. REBO, beschrieben. Beide
Potentiale sind für die Modellierung von Kohlenwasserstoffen
geeignet. Prinzipiell stimmen die erzielten Ergebnisse mit jenen einer
Ab initio Formulierung überein. Eine genauere Analyse zeigt, dass die
Energien und Spannungen für armchair-Kanten größer sind als jene für
zigzag-Kanten. Dieses Resultat steht im Widerspruch zu den Ergebnissen
einer Ab initio Modellierung. Die Größenordnung und das Vorzeichen der
Kantenenergie und -spannung werden richtig abgebildet. Die veränderte
Bindungskonfiguration führt zu einer Druckspannung, die stark am Rand
konzentriert ist, unabhängig von der Geometrie der Kante. Der
Randbereich will sich aufgrund der geänderten Bindungsstruktur
ausdehnen, wird aber von weiter innen liegenden Bereichen daran
gehindert. Mit Hilfe einer empirischen Kraftfeldformulierung wird der
Einfluss der Druckspannung auf die globale Gleichgewichtskonfiguration
eines kreisförmigen Graphenpatches studiert. An der freien Kante tritt
eine, in tangentialer Richtung, wellige transversale Verschiebung
auf. In radialer Richtung klingt diese Verschiebung rasch ab.
Um den Einfluss eines Substrats auf die ausgebeulte Konfiguration zu
untersuchen, wird eine zusätzliche Graphenschicht in Rechnung
gestellt, die in der Ebene festgehalten ist und über die
Van-der-Waals-Kraft mit dem Patch interagiert. Eine entsprechende
Formulierung im Rahmen der Kontinuumsmechanik ermöglicht das Studium
eines passenden Stabilitätsproblems. Die veränderte
Bindungskonfiguration führt zu einer mechanischen Spannung die am Rand
konzentriert ist. Diese Vorgehensweise liefert die Stabilitätsgrenze
für die Intensität dieser Kantenspannung in der dimensionslosen
Parameterebene.
Im dritten Kapitel werden die Plattengleichungen für eine
nicht-Euklidische Metrik hergeleitet. Die Messung von Abständen auf
einer Oberfläche ist untrennbar mit dem Begriff des Metriktensors
verbunden. Mit Hilfe einer vom Radius abhängigen Störung des
Metriktensors, die als target metric bezeichnet wird, wird die
geänderte Bindungsstruktur des Graphenpatches im
kontinuumsmechanischen Modell dargestellt. Der Verzerrungstensor
stellt sich als Differenz zwischen dem aktuellen und dem target metric
Tensor dar und bildet den Ausgangspunkt für die Herleitung der
nichtlinearen Föppl-von-Kármán Plattengleichungen für eine
nicht-Euklidische Kreisplatte. Die Formulierung des target metric
Terms muss eine Vergrößerung des Umfangs direkt an der Kante liefern,
aber in radialer Richtung rasch abklingen. Die nichtlineare Bettung
der Platte ist der Van-der-Waals-Wechselwirkung nachempfunden, um eine
Vergleichbarkeit der Resultate mit der molekularmechanischen
Formulierung zu gewährleisten. Im Plattenproblem tritt keine externe
Belastung auf, sondern nur ein Eigenspannungszustand aufgrund des
veränderten Metrikterms. Die lineare Stabilitätsanalyse der nicht
ausgebeulten Platte liefert eine Stabilitätsgrenze für die Intensität
der ortsabhängigen Störung des Metriktensors in Abhängigkeit von der
Steifigkeit der Bettung.
Um die auf numerischen Weg erzielten Ergebnisse zu verifizieren, wird
eine Analyse der einzelnen Energieterme durchgeführt. Der auf diese
Weise erzielte Zusammenhang liefert den qualitativen Verlauf der
Stabilitätsgrenze. Kurven unterschiedlicher Beulmoden schneiden
einander in der dimensionslosen Parameterebene, wobei die Intensität
der Störung und die Steifigkeit der Bettung die entscheidenden
Parameter sind. An einem solchen Schnittpunkt wird eine nichtlineare
Stabilitätsanalyse durchgeführt, um zu klären, ob die beiden am
Schnittpunkt beteiligten Moden interagieren. Die komplexwertige Lösung
des linearen Problems wird als Galerkin-Ansatz für das Randwertproblem
verwendet, wobei nur die führenden nichtlinearen Terme betrachtet
werden. Lineare Entfaltungsparameter für die Steifigkeit der Bettung
und die Intensität des zusätzlichen Metrikterms liefern zwei reelle
Verzweigungsgleichungen. Es zeigt sich, dass die am betrachteten
Schnittpunkt beteiligten Lösungen an entsprechenden Stabilitätsgrenzen
subkritisch verzweigen. Es existiert zwar eine Interaktion beider
Lösungen zwischen den beiden Stabilitätsgrenzen, allerding gibt es
keinen stabilen, zweiten Lösungszweig. Aus diesem Grund brauchen die
Terme fünfter Ordnung nicht weiter untersucht werden.
Für die Analyse des Nachbeulverhaltens jenseits der Stabilitätsgrenze
kommt ein diskretes Modell zum Einsatz. Die kontinuierliche Platte
wird mittels eines Netzwerks aus linear elastischen Federn
diskretisiert. Die Federn sind so angeordnet, dass sie jeweils die
Kante eines gleichseitigen Dreieckes bilden. Die Verzerrungsenergie
zufolge Biegung aus der Plattenebene und Dehnung in der Plattenebene
wird durch die Position der Eckpunkte der Dreiecke und entsprechender
Steifigkeiten bestimmt. Der veränderte Metrikterm des
kontinuumsmechanischen Plattenmodells kann in sehr anschaulicher Weise
als eine passende Vergrößerung der ungedehnten Federlängen im
diskreten Modell abgebildet werden. Mit diesem Modell wird das
Nachbeulverhalten der Kreisplatte studiert.

Kurzfassung englisch:
To create a new surface in a solid or a liquid material, energy needs
to be spent. On the atomistic level dangling bonds are formed, which
tend to be reconstructed accompanied by an excess surface energy. For
thin structures like graphene this energy can change the global shape
of the structure drastically. There are also examples of such a
behaviour of thin structures in our every day´s life. Considering the
stretching of pliable plastic (garbage bag) past the yield point,
or the effect of different growth in leaves. In both cases the
change of the bonding configuration leads to an expanding edge and/or
to wrinkled equilibrium configurations, which are optimal from an
energetic point of view.
In this work the effect of a free edge on the
global behaviour of a circular graphene patch is studied. The second
chapter is devoted to the molecular mechanics approach. Small
unit cells are used to compute the edge energy and edge stress of
armchair and zigzag edges respectively. Graphene is modelled by
classical multibody potentials called AIREBO and REBO
respectively, which are reasonable for describing hydrocarbon
structures. At first glance the results are in good agreement with
values obtained with Ab initio methods. It is worth mentioning
that the energies and stresses for armchair edges are larger than for
zigzag ones, which is inconsistent with Ab initio
results. Nevertheless the order of magnitude and the sign of edge
energy and edge stress are correct. As a result of the changed bonding
configuration there is a compressive stress localised at the edge,
independent of the underlying geometry of the edge. With an empirical
force field formulation the effect of the compressive stress on the
global configuration of a circular graphene patch is studied. The free
edge shows a wavy out of plane displacement in the circumferential
direction. In radial direction the displacement decays away from the
edge. To investigate the influence of a substrate on the buckled
configuration, an additional fixed graphene sheet interacting via the
Van-der-Waals force is considered. Formulating this problem in the
framework of continuum mechanics, offers the possibility of stating
an appropriate stability problem. The aim of such an approach is to
obtain the stability boundary in the plane of suitable parameters.

In the third chapter the plate equations for a non-Euclidean metric
are derived. The question of measuring lengths on a surface is
intrinsically tied to the metric tensor. The expanding edge is
modelled as a perturbation of the metric tensor of the elastic plate,
which is called target metric. The strain tensor results from the
difference between the actual and the target metric tensor, and is the
starting point of deriving the nonlinear Föppl-von-Kármán plate
equations for a non-Euclidean annular plate. The formulation of the
target metric term needs to model the elongated circumference just
near the edge, and decay very rapidly in radial direction. The
nonlinear foundation of the plate is modelled according to the
Van-der-Waals interaction, in order to make the results comparable
with the molecular static ones. There is no external load, but the
attempt of the edge to increase its circumferential line due to the
changed metric term. Performing a linear stability analysis of the
flat unbuckled configuration leads to the stability boundary in the
dimensionless parameter plane, namely the critical metric coefficient
as a function of the foundation stiffness. To validate the results
obtained from the numerical solution of the boundary value problem, a
simple scaling analysis is performed. The resulting scaling law
reproduces the stability boundary qualitatively. Curves of different
modes of instability cross each other in the parameter plane. At such
a point a nonlinear analysis is performed, to answer the question if
the two modes may interact at this point. The complex solution of the
linear analysis is used as a Galerkin-ansatz for the boundary value
problem with the leading nonlinear terms taken into account. Linear
unfolding parameters for the stiffness of the foundation and the
metric parameter respectively results in two real bifurcation
equations. It turns out, that both solutions bifurcate subcritically at
the corresponding stability boundaries. Although there exists a mode
interaction between two boundaries, no stable secondary branch
remains. Therefore the resonant fifth order terms are not
investigated.
To study the post buckling behaviour beyond the
stability boundary a discrete model is used. The continuous plate is
discretised by means of a triangular spring network model. For a
network of equilateral triangles the stretching and bending energies
of the plate are represented as a function of the position of
individual corners of the triangles.
The expanding edge can be defined very intuitively by increasing the
equilibrium lengths of corresponding springs. With this discrete
formulation of the plate the postbuckling configurations of the
circular plate are computed.

Schlagworte:
Bifurcation, Mode interaction, graphene sheets, molecular statics,


Elektronische Version der Publikation:
http://publik.tuwien.ac.at/files/PubDat_216754.pdf


Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.